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Die Masken ab!

Szenische Lesung

Mit Auszügen aus den Stücken „Woyzeck“, „Leonce und Lena“ und „Dantons Tod“ – sowie Texten verschiedener Autoren, die sich mit Leben & Werk Georg Büchner auseinandergesetzt haben.



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»Georg Büchner ist neben Shakespeare, der ihn begeisterte und ohne den er nicht denkbar ist, ein Knabe, ein Säugling, aber ein stolzer Knabe und ein illustrer Säugling.
Merkwürdigerweise jedoch war sein Blick, der die Hoffnungslosigkeit der politischen Malaise in Deutschland und die Passivität der deutschen Bürger längst erkannt und durchschaut hatte, schon lange vor seinem Tode nicht mehr auf den politischen Raum gerichtet, sondern fasziniert auf eine neue Welt biologischer Tabus und physikalischer Wunder hingewandt, deren Wirklichkeit seine Phantasie erahnte. [...] Büchner hat, wie Shakespeare, die Fähigkeit, verdichten zu können, ohne dunkel, bildhaft zu sein, ohne abschweifend zu werden. Er ist der Mann, der die Wirklichkeit in der deutschen Literatur am magischsten geformt hat. Er ist von herrlicher Jenseitigkeit, während seine Sprache von berückender Diesseitigkeit ist.«


Kasimir Edschmid: »Georg Büchner«. Wien 1962

PresseProgramm

Besetzung

Mélanie Linzer
Oliver Kai Müller
Christian Suhr

Dauer: 70 Minuten

Riedstädter Büchnerbühne: „Lenz“
mit Posaunenklängen

lenz pos-heiler


RIEDSTADT - Ein Mensch geht sich selbst und der Welt verloren: „Lenz“, Georg Büchners Novelle aus dem Nachlass, zeichnet das innere Ringen des Dichters Jakob Michael Reinhold Lenz nach, dessen verzweifelte Seele weder bei Menschen noch in Gott Trost findet.

Christian Suhr, künstlerischer Leiter der Büchnerbühne, bot am Sonntag unter dem Titel „Lenz und das Instrument der Engel“ eine außergewöhnliche Inszenierung des Stoffes, für die das Publikum mit großem Beifall dankte. Zwischen dem Posaunenquartett „Pospurtal“ (Posaune-pur-total) und dem Schauspieler Bastian Hahn entspann sich auf der Bühne ein Dialog aus Musik und Sprache. Hahn setzte Passagen des „Lenz“ zu Fragen nach Gott, Liebe, Schuld und Tod in Monologe um, während die Posaunisten Thomas Keßler, Michael Pausch, Marius Schäfer und Stephan Müller das Seelendrama solistisch oder im Quartett hörbar machten. Auf der Leinwand führten zudem Filmsequenzen ins Thema des verlorenen Menschen in der Unwirtlichkeit der Welt ein. Die zeitlose Gültigkeit der Novelle Büchners wurde mit Bezug zu Krieg, Leid und Zerstörung des 20. Jahrhunderts unterstrichen.

Posaunen sind uns in Kirchen, bei Volksfesten oder auch im Jazz vertraut. Nun aber setzten die Instrumente der „Tuba- oder Posaunenengel“ der christlichen Ikonografie tiefste Seelennot in Töne. Mit Dissonanzen bildeten sie die gemarterte Seele und die widerstreitenden Stimmen im Kopf des geplagten Protagonisten ab. Fanfarenklang zum Auftakt schien bereits Lenz’ Untergang einzuläuten und mit einer barocken Vertonung des „Crucifixus“ zogen düstere Wolken der Schwermut auf. Pein, Unruhe und der Strudel der Leere, in den Lenz stürzt, fand in Kompositionen vom Barock bis ins 20. Jahrhundert Ausdruck. Das Stück „Être ou ne pas être“ von Henri Tomasi sprach von Lenzens Todesangst und Todessehnsucht.

Mit intensiver Mimik und Sprache stellte Bastian Hahn parallel dazu den an der weltlichen Ordnung leidenden Dichter dar. Dessen Fragen nach Gott, Liebe und Sinn bleiben unverstanden: „Die Welt, die er hatte nutzen wollen, hatte einen ungeheuren Riss, er hatte keinen Hass, keine Liebe, keine Hoffnung, eine schreckliche Leere, eine folternde Unruhe, sie auszufüllen. Er hatte nichts.“ Erinnerung an die Glückseligkeit mit einer fernen oder erträumten Geliebten, vertiefte den Abgrund weiter. Hahn deklamierte: „Wie ein Kind hätte ich dann spielen können. Jetzt ist mir so eng, es ist mir manchmal, als stieß ich mit den Händen an den Himmel.“ Im verzweifelten Wunsch, an Gott zu glauben, setzte Hahn alias Lenz dann jene Passage der Novelle, in der Lenz allen Willen bündelt, um ein Kind namens Friederike vom Tod zu erwecken, erschütternd um: „Stehe auf und wandle“, ruft er ein ums andere Mal, doch das grausame Spiel der Posaunen wird lauter, begräbt die Worte: Gott schweigt. Mit einem leisen Lied – „Wenn ich Macht hätte, Herr Pfarrer, ich würde retten, Herr Pfarrer“ – lässt Lenz seinen Mantel fallen.

Nur die Hülle bleibt zurück, den Posaunen gehört der letzte Ton.

08.02.22 Charlotte Martin, DARMSTÄDTER ECHO



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